Alte Urkunde in der Kirchturm-Kugel von St. Valentin

Wir danken Herrn Mayr Stefan für die Abschrift der Urkunde in aktuellem Schriftsatz (siehe unten).

Urkunde aus der großen Kugel der Pfarrkirche zum Hl. Valentin am

14.08.2012 entnommen:

Urkunde

des Helmbaues u. der Renovation des

Pfarrkirchturms zu St. Valentin auf der Haid.

Im Jahre 1891 nach Christi Geburt wurde der

spitze Helm des Thurms gebaut u. das Äußere

des ganzen Thurmes renoviert u. derselbe mit

einem Blitzableiter versehen.

Die sämtlichen Kosten der gesamten Arbeit

beliefen sich ungefähr auf 1.500 ft. Öst. W.

Dieses Geld wurde fast ausschließlich von Wohltä-

tern gespendet, von welchen namentlich Frau

Paulina Witwe Prinoth von Meran, geborene

Mayr von Haid erwähnt werden muss, welche

allein über 1.000 fl. gegeben hat u. auch zuerst den

Baugedanken angeregt hat.

Die löbliche Gemeinde Haid lieferte aus ihren

Waldungen sämtliches Bauholz u. leistete man-

cherlei Frohndienste.

Zur Zeit dieses Baues war zu Haid lgnaz

Prieth Pfarrer, welcher zu Graun anno 1845

den 6. Sept. geboren wurde u. seit dem 9. Mai

1885 die Seelsorge dieser Gemeinde führte.

Als privisorischer Frühmesser war zur Zeit angestellt

Herr Johann Riedl, geb. zu Lichtenberg den

26. Jänner 1843.

Der löbl. Gemeinde-Ausschuss bestand aus folgenden

Männern:

Peter Sprenger, Vorsteher, Joh. Peter Waldner, I Rath;

Johann Dietl ll. Rath; Michael Blaas, Johann Kofler,

Anton Waldner, Gabriel Waldner, Peter Stecher

lsidor Eberhart, Ferdinand Mayr, Ludwig Jörg

u. Johann Stecher; Ausschüsse.

Die Zimmermannsarbeit war unter Leitung

des Zimmermeisters Alois Stecher von Spin

der Gemeinde Graun, ein sehr geschickter, tüchtiger

u. thätiger Zimmermann; die Dachdeckerarbeit

übernahm u. führte aus Ludwig Ryffl

von Reschen, ein geborener Schweizer, ebenfalls

ein ganz tüchtiger Mann in seiner Sache u. ein

kühner Steiger; die Männerarbeit hat übernommen

Anton Stecher, Maurermeister in

Prad.

lm Jahre 1891 wurde in ganz Österreich die Volkszählung

vorgenommen; Haid zählte 658 einheimische

u. fremde Anwesende, viele Einheimische

sind abwesend u. wurden nicht gezählt. Die Bevölkerung

ging in den 2 vorhergehenden Dezennien nicht unbedeutend

zurück.

Das Jahr 1891 war im Ganzen ein ziemlich gutes Jahr.

Obwohl es viel regnete u. darum ein sehr nasser

Sommer war, konnte man mit den Erträgnissen

der Felder zufrieden sein. Früh- Spätheu reichlich,

Grumet mittelmäßig, Roggen schlecht, Gerste u.

Hafer sehr gut, Kartoffetn versprechen reichliche Ärnte,

allein vielfach wird die Kartoffelkrankheit wahrgenommen.

Die Viehpreise waren an sich günstig und

wurden nur etwas gedrückt durch die erschwerte

Viehausfuhr nach Bayern, das für Tyroler-Vieh

bis 15. Oktb. geschlossen war, angeblich wegen in Tyrol

herrschender Maul- u. Klauenseuche, obwohl die Grenzbezirke

Reutte, lmst u. Landeck bisher seuchenfrei

blieben. Händler aus Ungarn u. Mähren

machten hier u. auf dem Markt in Imst Einkäufe.

Für schöne trächtige Kalbinnen wurden 150 - 200 fl. gezahlt,

im Vorjahre noch mehr; leere Kalbinnen gelten 80 - 120 fl.

Jahrkälber 60 - 70 fl. In Vinstgau war ein überaus

reiches Roggenjahr, nur wurde derselbe mancherorts

etwas verwittert eingebracht, der Preis ist für die

Mutt 28 Kilo e fl. das Stroh per Zentner 70 - 80 kr.

Der Güterpreis ging seit den siebziger Jahren bedeutend

zurück, namentlich im Unterland. Für

die Landwirtschaft sind die Jahre nicht günstig, es wird

überall in Tyrol, Österreich, ja ganz Europa sehr

geklagt u. über den Niedergang des Bauernstandes

u. des Gewerbestandes redet, schreibt u. liest man viel.

Eine der Hauptursachen sind die vielen Steuern u. Abgaben,

die allwärts großen Militärlasten u. wohl

auch vielfach die Lebensweise, die von der früheren Einfachheit

weit abgekommen ist. Zu dieser Zeit werden

im Lande verschiedene Spar- u Darlehenskassen so genannte

Raiffeisenkassen gegründet, um den Landmann aufzuhalten

und ihn vor wucherischen Judenhänden zu

schützen. ln diesem Jahre wurde viel vom Bahnbau

von Meran nach Landeck geredet, Volksversammlungen

abgehalten u. die Strecke ausgemessen, dessen ungeachtet

weiß man noch nichts Bestimmtes, viele sind dafür,

andere wieder dagegen, namentlich befürchtet man

in Vinstgau allzu große Beschädigung des besten Wiesfeldes.

Im Jahre 1891 wurde die schöne Lourdes-Kapelle

vollendet u. am 16. Aug. mit großer, hier kaum gesehener

Feierlichkeit eingeweiht durch den Hochwst. Abt

von Marienberg Leo Treuinfels. Die Hauptwohltäterin

dieser Kapelle war wieder Wittfrau Paula Pinoth,

doch haben auch Gemeinde u. Gemeinde-Angehörige vieles

geleistet. Das Jahr 1891 war ein sehr gesundes.

Wichtige Ereignisse sind hier sonst kaum vorgefallen.

Haid, den 16. Sept. 1891

lgnaz Prieth,                                              Peter Sprenger

Pfarrer                                                      Vorsteher

F.B. Pfarramt                                             Gemeinde - Vorstehung

St. Valentin                                               Haid

Haid                                                         Polit. Bezirk Landeck

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